Fridays for Future! – Warum Klimastreik so wichtig ist

Delara Burkhardt bei Fridays For Future Chemnitz
Delara Burkhardt bei Fridays For Future Chemnitz

 

Hunderttausende Schülerinnen und Schüler gehen gerade weltweit auf die Straßen. Sie streiken, um den Druck auf die Politik zu erhöhen und endlich etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen. Das Klima zu retten und unsere Erde zu bewahren, gehört zu den existenziellen Interessen unserer Generation. Freitags für das Klima zu streiken provoziert aber auch Konservative, Verschwörungstheoretiker und FDP-Plakatmodels. Sie diffamieren den Protest der Jugend, reden ihn klein oder deuten ihn als Schulschwänzen um. Streik findet aber nun mal nicht in der Freizeit und es lohnt es sich zuzuhören: Wenn ich selbst dabei bin oder mir die Videos anschaue, spüre ich häufig Frust: Wie können sie nur weiter zugucken, während uns langsam die Lebensgrundlage entzogen wird? Die Botschaft ist deutlich: “Wir müssen handeln – jetzt!”. Wenn so viele Leute einen klaren Appell formulieren, hat die Politik das ernst zu nehmen und politische Antworten zu geben.

Systemwandel nicht Klimawandel

Seit tausenden von Jahren geben Menschen die Erde von der einen Generation zur anderen weiter. Die nachfolgende Generation erbt immer auch etwas von ihren Vorgänger*innen – ob das Technologien sind, Verträge oder Wirtschaftssysteme. Wie es aussieht haben gerade wir Pech gehabt. Das erste Mal in der modernen Geschichte könnte es geschehen, dass sich die Lebensbedingungen auf der Erde so schnell verschlechtern, dass wir vor ernsthaften Problemen stehen. Ändert sich das Klima, ändert sich unsere Existenzgrundlage. Die Meeresspiegel steigen und bedrohen küstennahe Städte, Wetterextreme sorgen für Unsicherheit bei der Ernte, Dürreperioden verursachen Wassermangel. Auch sterben viele Tier- und Pflanzenarten aus. Der Klimawandel wird zur Fluchtursache.

Das Problem ist eine Wirtschaftsordnung, die sich von Natur aus nur für Gewinnmaximierung und Absatzmärkte interessiert. Ein System, in dem Unternehmen Milliarden scheffeln, ohne ordentlich Steuern zu zahlen. Eines, in dem die wenigen Mächtigen sich gegen gesellschaftliche Interessen durchbeißen. Ein System, die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen zulässt, weil sie von Natur aus keinen eigenen Preis hat. Dieses System müssen wir aufbrechen und eine sozial-ökologische Wende in Europa einleiten.

Damit uns nicht eines Tages unsere Lebensgrundlage fehlt, müssen wir jetzt handeln. Zukünftige Generationen verdienen es, dass wir ihnen die Welt gesund und sauber hinterlassen. Das wird aber nicht einfach so passieren. Wir  brauchen mehr Investitionen in Bildung und Forschung für neue Technologien und erneuerbare Energien. Wir müssen einsehen, dass wir unseren Konsum, beispielsweise von Plastik, verändern und den Ausstoß von Schadstoffen stärker bepreisen. Die Verantwortung darf dabei aber nicht auf den Verbraucher*innen abgewälzt werden, sondern kann nur durch politische Regulierung erreicht werden. Als Sozialdemokratin ist mir besonders wichtig, dass die Transformation unserer Wirtschaft für alle Menschen gerecht verläuft und niemand zurückbleibt.

Klimaschutz fights Fluchtursachen

Wenn sich die Erde erwärmt, dann hat das Folgen, die wir uns teilweise nur schwer vorstellen können. Andererseits können wir manches aber schon heute beobachten. 200 Millionen Menschen leben in tiefgelegenen Küstenregionen. In den letzten Jahrzehnten beobachten wir ein immer schnelleres Abschmelzen der Polkappen. Geht das aufgrund der steigenden Temperaturen so weiter, werden die Küsten durch das freiwerdende Wasser im wahrsten Sinne des Wortes verschluckt. Nicht auszudenken, vor welchen Herausforderungen die Menschen stehen, deren Stadt und Land langsam überflutet werden.

Doch auch Menschen, die nicht an der Küste leben, trifft der Klimawandel. Dürreperioden machen Ackerbau unmöglich und schaffen Wasserknappheit, schnelle Wetterwechsel vernichten die Ernte. Während reiche Industrieländer wie Deutschland sich mit hohem Aufwand dagegen in einem gewissen Rahmen absichern können, stehen Schwellen- und Entwicklungsländer schlecht da. Sie sind den zunehmend lebensfeindlichen Bedingungen ausgeliefert. Schon heute fliehen jährlich ca. 26 Millionen Menschen aufgrund des extremen Klimas aus ihren Ursprungsregionen. Der Flüchtlingsrat der Vereinten Nationen (UNHCR) rechnet damit, dass der Klimawandel schon bald zur häufigsten Fluchtursache wird. Für Europa bedeutet das, dass künftig viele Menschen bei uns Zuflucht suchen werden, weil sie sich in ihrer Heimat nicht mehr ernähren können. Der Kampf gegen den Klimawandel ist also auch Fluchtursachenbekämpfung!

Konsequenter Einsatz für die Klimaziele

Im Pariser Klimaschutzabkommen von 2016 haben es fast alle Staaten der Welt geschafft: Man hat sich verständigt, gemeinsam das Klima retten zu wollen und die Erderwärmung auf höchstens 2°C zu begrenzen. Auch die Erwärmung um 2°C hätte bereits weitreichende Folgen für unsere Erde und das Klima, aber wenigstens wären die Folgen noch absehbar. Deswegen liegt das eigentliche Ziel, wenn möglich, bei 1,5 Grad Celsius. Mit der Vereinbarung haben sich alle Staaten verpflichtet, ihre CO2-Emissionen zu senken und somit den Klimawandel zu bekämpfen. Das ganze funktioniert natürlich nur, wenn sich auch alle daran halten – insbesondere die Industrienationen. Umso schlimmer ist es, dass Trump angekündigt hat, dass die USA den Klimavertrag als erstes Land der Welt verlassen werden.

Deshalb ist es so wichtig, dass wir in Europa unsere Verantwortung kennen und entsprechende Maßnahmen ergreifen. Der aktuelle EU-Plan bis 2030 sieht vor, den Ausstoß von Treibhausgase um 40 Prozent zu reduzieren und schon jetzt ist absehbar, dass das nicht reicht. Ich will, dass Europa ambitionierter handelt und die Marke auf mindesten 45 Prozent bis 2030 anhebt. Außerdem brauchen wir das längerfristige Ziel bis 2050 Klimaneutralität zu erlangen. Damit das gelingt, müssen alle Sektoren – Energie, Industrie, Gebäude, Verkehr, Landwirtschaft – ihren Beitrag zur CO2-Reduktion leisten. Damit diese großen Veränderungen für alle Menschen funktioniert, müssen strukturschwache Regionen unterstützt, Beschäftigte weitergebildet und die sozialen Folgen mitbedacht werden.

Mobilität europaweit!

Europa muss die Menschen zusammenbringen, muss Brücken zwischen Ländern bauen, die sich im zweiten Weltkrieg noch gegenseitig zerbombt haben. Diese Mission macht Europa zum Friedensprojekt. Gleichzeitig mündet Mobilität in Verkehr und zum Beispiel Staus oder verspätete Flugzeuge sind nicht nur nervig und unproduktiv – sie verschmutzen auch die Umwelt. Diesen Konflikt zwischen Mobilität und Klimaschutz müssen wir auflösen. Für mich heißt das, dass wir es so attraktiv machen müssen Bahn zu fahren, dass die Menschen freiwillig nicht mehr in das Flugzeug oder das Auto steigen.

Europa muss in den Schienenverkehr investieren, wir müssen den länderübergreifenden Fahrkartenkauf vereinfachen und es braucht einheitliche Tarife, Qualitätsstandards und Taktfahrpläne. Um zu zeigen, dass sich Bahnreisen lohnen, aber auch um die jungen Europäer*innen zu verbinden darf die EU gerne mehr leisten.

Erneuerbare Energien – eine Chance für Schleswig-Holstein!

Klar ist: Wenn wir den Klimawandel wirklich aufhalten wollen, müssen wir auch an die Energiewirtschaft ran. Der Kohleausstieg ist ein muss, auch wenn das für Menschen in der Branche große Veränderungen bedeutet. Gerade bei uns in Schleswig-Holstein zeigt sich aber, dass die großen Herausforderungen auch große Potenziale eröffnen.

Zwischen den Meeren ist die Gewinnung von Strom aus Windenergie besonders kostengünstig. Die Anbindung an die skandinavischen Länder macht uns dabei immer mehr zu einer Energiedrehscheibe zwischen ganz Deutschland und dem europäischen Norden! Schon jetzt arbeiten fast 20.000 Menschen in S-H in der Branche der Erneuerbaren Energien. Energiewende müsste also eigentlich “Energiewandel” heißen. Auf ganz Europa bezogen, könnten aus diesem Wandel die Regionen des Nordens (Wind & Wasser) und die Regionen des Südens (Sonne) als die Herzen der neuen europäischen Energiewirtschaft hervorgehen. Ein Schleswig-Holstein, das zu einem Energielieferanten Europas wird. Keine Utopie, sondern eine Frage politischen Willens. Auch das ist Klimaschutz.

Wie wir den Klimawandel aufhalten können!

Es gibt also eine Menge zu tun. Konsequenter Einsatz für die Klimaziele. Die ökologische Frage darf darüber hinaus nicht länger von der sozialen Frage getrennt betrachtet werden. Wir dürfen nicht länger zulassen, dass Klimawandel und Beschäftigung gegeneinander ausgespielt werden. Die Bepreisung von Klimagasen, wie Kohlenstoff- und Stickstoffdioxid. Die Verbesserung des europaweiten Bahnangebotes. Wir brauchen klare Vereinbarungen, die die Umstellung der Energieproduktion von fossilen hin zu regenerativen Energien möglichst schnell umsetzt. Und den Ausgleich sozialer Folgen dieser großen Transformation unserer Wirtschaft. Wir brauchen eine Wertgebundene Handelspolitik auf Augenhöhe zu den Ländern des globalen Südens. Die Prinzipien von Menschenrechten, Arbeiter*innenrechten und Umweltschutz müssen Leitlinien europäischen Handels sein. All das sind wichtige Punkte, die nicht nur aufgeschrieben, sondern angepackt werden muss. Dafür braucht es politischen Willen und wir alle können bei den Europawahlen am 26. Mai dafür Sorge tragen, dass sich dieser auch im Parlament Mehrheiten findet.

Natürlich müssen wir darüber hinaus laut bleiben, auf die Straße gehen und unseren Protest formulieren, denn nur so wird Druck aufgebaut. Das können nicht nur die Schülerinnen und Schüler, sondern alle gemeinsam!